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(Rechtshinweis) Stand: 03.05.2016

Celle
- Wohnoffensive Celle  -
Exkursionsbericht der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover)
von
Dr. Frank Schröter

 

Die Exkursion fand im Rahmen der Treffen der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover) statt. In der wärmeren Jahreszeit wird das Regionalgruppentreffen durch eine Exkursion (mit Führung) zu einem planerischen Thema eingeleitet.

 

Im Rahmen der Feier zum 25jährigen Bestehen der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover) hatte u.a. Ulrich Kinder, IfR-Mitglied und Stadtbaurat von Celle, einen Vortrag zur Wohnoffensive Celle gehalten. Die Fotos und Pläne haben neugierig gemacht, sich alles einmal live anzusehen. Was lag daher näher, als Celle zum Ziel einer der Exkursionen der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen zu machen. Am 3. Juni 2016 war es dann so weit, die IfR-Regionalgruppe Niedersachsen machte sich auf den Weg nach Celle!

Nachdem wir den Weg vom Bahnhof Richtung Zentrum zurückgelegt hatten, ging es mit Baukultur und der Haesler-Direktorenvilla los (vgl. Abb. 1 und 2). Dieses Gebäude wurde 1930 von Otto Haesler als Wohnhaus für den Direktor des Gymnasiums Ernestinum erbaut und wurde nach Zwischennutzung als Jugendzentrum wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Das glatt verputzte Haus ohne Bauornamentik mit rechtwinklig ineinander geschobenen Kuben, die ihre Form allein der Funktion verdanken, ist Prototyp des Neuen Bauens der 20er Jahre.

Haesler Direktorenvilla
Abb. 1
: Haesler-Direktorenvilla, Vorderansicht

Infoschild
Abb. 1a
: Haesler-Direktorenvilla, Infoschild

Haesler-Direktorenvilla, Rückansicht
Abb. 2
: Haesler-Direktorenvilla, Rückansicht

Im angrenzenden Französischen Garten konnten wir dann den so genannten Himmelsstrich kennenlernen. In der Mitte von vier hohen Baumreihen blickt man nach oben und sieht nur einen schmalen Himmelsstreifen (vgl. Abb. 3).

Himmelsstrich
Abb. 3
: Himmelsstrich im französischen Garten

Nachdem wir den Park durchquert hatten, kamen wir zur Siedlung „Italienischer Garten“ von Otto Haesler (vgl. auch http://www.otto-haesler-stiftung.de/Italienischer-Garten ). Hier hatte Haesler die Bedeutung der Farbe für die Architektur veranschaulicht. Er wählte dazu den Fassadenanstrich im strengen Farbenrhythmus "Blau-Grau-Rot". Zwischenzeitlich hat die Siedlung ihre Farbigkeit zurückerhalten (vgl. Abb. 4).

Siedlung Italienischer Garten
Abb. 4
: Siedlung „Italienischer Garten“ von Otto Haesler (1924/25)

Dann kamen wir zur historischen Innenstadt von Celle. Ulrich Kinder erläuterte, dass es bei der Wohnoffensive in Celle auch darum geht, dass qualitativ hochwertiger Wohnungsbau in guter Innenstadtlage entsteht. Durch die historischen Gebäude, mit ihren kleinen Wohnungsgrundrissen und dem teilweise geringem Wohnstandard, gibt es in Celle preisgünstigen Wohnraum, während Wohnungen mit hohem Wohnkomfort eher fehlen. Durch den Denkmalschutz und den Wunsch die historische Innenstadt möglichst zu erhalten, fehlen jedoch innenstadtnahe Flächen für neuen Wohnungsbau. Durch die Verlagerung der Feuerwehr (vgl. Abb. 5) an einen anderen Standort, ergibt sich jetzt die Möglichkeit, diese Fläche einer neuen Nutzung zuzuführen. Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs von Carsten Lorenzen, Berlin/Kopenhagen (vgl. Abb. 6), der demnächst auch umgesetzt werden soll, orientiert sich an der Struktur der benachbarten historischen Gebäudesubstanz, ohne dabei kitschig oder historisierend zu wirken. Gleichzeitig wird aber auch der Genius Loci des Ortes aufgenommen und darauf verzichtet, einen bewussten architektonischen Kontrast zu erzeugen.

 Alte Feuerwache
Abb. 5
: Alte Feuerwache

Neubebauungsentwurf alte Feuerwache
Abb. 6
: Blick auf den städtebaulichen Entwurf für die Neubebauung der Feuerwache

Diskussion
Abb. 6a
: Diskussion über den städtebaulichen Entwurf für die Neubebauung der Feuerwache

Die Altstadt von Celle ist 2010 in das Städtebauförderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz aufgenommen worden. Die lange diskutierten Pläne, in der Innenstadt ein großes Einkaufscenter zu errichten, haben jedoch zu einem „Sanierungsstau“ geführt. Viele Eigentümer wollten erst die Entwicklung abwarten. Mittlerweile gibt es jedoch einige sanierte Gebäude zu sehen (vgl. Abb. 7). Die Förderkonditionen, mit bis zu 150.000 Euro Sanierungszuschuss, bieten auch einen guten Anreiz. Die Gewährung eines Zuschusses, anstatt eines zinsgünstigen Darlehens, sowie der weitgehende Verzicht auf mietrechtliche Bindungen erhöhen diesen Anreiz. Trotzdem sind natürlich die Ziele Substanzerhaltung und Denkmalschutz zu berücksichtigen. Wir hatten die Gelegenheit, uns eins der Gebäude (Bergstrasse 12) auch von innen ansehen zu dürfen (vgl. Abb. 8).

Saniertes Gebäude
Abb. 7
: Saniertes Gebäude Bergstrasse 12

Innenhof
Abb. 8
: Innenhof Bergstrasse 12

Die Inhaberin des kleinen Geschäfts hatte sich mit der Herstellung und dem Verkauf einer Celler Spezialität selbständig gemacht, dem „alten Provisor“ (vgl. Abb. 9). Der „alte Provisor“ wurde früher in der „Rats Apotheke Celle“ hergestellt. Nach der Schließung der Apotheke drohte diese Spezialität aus Celle zu verschwinden. Doch nun wird der „alte Provisor“ nach dem Originalrezept wieder hergestellt und vor Ort verkauft. Vom guten Geschmack und der Wirkung konnten wir uns bei einem Probegläschen selbst überzeugen.

Alter Provisor
Abb. 9
: Alter Provisor, Celler Spezialität

Bei der Sanierung der historischen Gebäudesubstanz gibt es immer wieder Probleme mit den aktuellen baurechtlichen Anforderungen, so beispielsweise dem erforderlichen 2. Fluchtweg. Eine ansprechende Lösung konnten wir (auf den zweiten Blick) bei einem sanierten Gebäude erkennen (vgl. Abb. 10). Im Dachgeschoss wurde ein größeres Fenster eingebaut, das von der Feuerwehr mit der Leiter als 2. Fluchtweg genutzt werden kann. Das Fenster wurde so in die Fassade eingepasst (vgl. Abb. 11), dass es auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist.

Saniertes Gebäude mit 2. Fluchtweg
Abb. 10
: Saniertes Gebäude mit 2. Fluchtweg

Fenster als 2. Fluchtweg
Abb. 11
: Fenster als 2. Fluchtweg

In der Altstadt waren auch weitere Beispiele für den Umgang mit der historischen Substanz zu sehen. Neben historisierenden Gebäuden im Stil der 80er Jahre, wie dem 1982 erbauten Kaufhaus (vgl. Abb. 12), gab es auch interessante Beispiele für aktuelle Kompromisse zwischen historischer Bausubstanz und Anforderungen des Einzelhandels zu sehen (vgl. Abb. 13). Weitere Infos enthält auch die Celler Chronik (vgl. https://www.celle.de/media/custom/342_16888_1.PDF ).

Historisiertes Gebäude
Abb. 12
: Historisiertes Gebäude

Kombination Alt und Neu
Abb. 13
: Kombination von Alt und Neu

Auf dem Weg zum Stadthafen kamen wir auch am alten Rathaus vorbei (vgl. Abb. 13a und 13b), das bereits im Jahr 1292 erbaut wurde. Weitere Infos finden sich hier.

Altes Rathaus Celle
Abb. 13a
: Altes Rathaus Celle

Altes Rathaus Celle, Seitenansicht
Abb. 13b: Altes Rathaus Celle, bemalte Fassade

Der Stadthafen und das geplante innerstädtische Wohnquartier Allerinsel sind weitere Projekte der Celler Wohnoffensive, welche wir uns als nächstes ansahen. Der Stadthafen ist bereits umgebaut (aufgewertet) und wurde mit einem großen Fest erfolgreich eingeweiht. Die Uferpromenade (vgl. Abb. 14) bietet zahlreiche Sitzmöglichkeiten, mit schönem Blick auf den Hafen (vgl. Abb. 15).

Hafentribühne
Abb. 14
: Celler Hafentribüne

Celler Stadthafen
Abb. 15
: Celler Stadthafen

Wie die Bebauung um den Stadthafen später einmal aussehen soll, zeigt bereits das Bauschild (vgl. Abb. 16). Mit dem Haus der Vereine ist bereits das erste Gebäude errichtet worden. Dieses Gebäude ist jedoch nicht nur für die Nutzung durch DLRG und Yachtclub vorgesehen, sondern bietet auch Platz für öffentliche Veranstaltungen. Derzeit befindet sich hier eine Ausstellung zu den Ergebnissen des städtebaulichen Wettbewerbs für das Wohnquartier Allerinsel. So konnte Ulrich Kinder uns die planerische Konzeption anhand des Plans für das innerstädtische Wohnquartier Allerinsel (vgl. Abb. 17) vor Ort erläutern. Ergänzend konnten wir durch das Modell (vgl. Abb. 18) einen guten Eindruck von der geplanten Entwicklung bekommen.

Celler Stadthafen, Zukunftsvision
Abb. 16
: Celler Stadthafen, Zukunftsvision

Wohnquartier Allerinsel, Plan
Abb. 17
: Plan des innerstädtischen Wohnquartiers Allerinsel

Wohnquartier Allerinsel, Modell
Abb. 18
: Modell des innerstädtischen Wohnquartiers Allerinsel

Diskussion über das innerstädtische Wohnquartier Allerinsel
Abb. 18a
: Diskussion am Modell des innerstädtischen Wohnquartiers Allerinsel

Im Modell ließ sich auch gut die Wirkung des mehrgeschossigen Wohnturmes direkt am Stadthafen erahnen, eine städtebauliche Dominante. Interessant war auch die Schilderung des Entstehungs- und Entscheidungsprozesses für die Gebäude an der Seite des Stadthafens. Hier war u.a. die Entscheidung zwischen einer geschlossenen Gebäudefront oder einzeln stehenden Gebäuden zu treffen. Insgesamt könnte sich die Allerinsel zu einem schönen Wohnquartier entwickeln und wenn dann noch eine neue Brücke in Richtung Bahnhof realisiert werden kann, steht dem Zuzug vieler Neubürger nichts mehr im Wege.

 

Der Ausklang der gelungenen Exkursion fand dann im Quartier in der Gaststätte "Thaers Wirtshaus " statt. Hier konnten wir auch die Celler Spezialität „rohe Roulade“ probieren.

 

 

Anmerkung:
Alle Fotos: Dr. Frank Schröter

Frank Schröter
IfR-Regionalgruppe
Niedersachsen (Braunschweig/Hannover)

 

Interessante Links:

 

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