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Stand: 25. Juni 2008

Herbstvortrag 2002


Die Herbstvorträge sind eine Vortragsreihe, die jedes Jahr von der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover in Braunschweig veranstaltet werden. Die Teilnahme an den Vorträgen ist in der Regel kostenlos.

Passivhauskonzept im Wohnungsbestand
– Energetische Gebäudemodernisierung-

Dipl.-Geogr. Torsten Schwarz, IfR
PassivHausKonzepte Hannover

Unter diesem Titel stand der diesjährige Herbstvortrag der Regionalgruppe Braunschweig / Hannover, den Dipl.-Geogr. Torsten Schwarz, IfR-Mitglied und Mitinhaber des Ingenieurbüros PassivHausKonzepte Hannover (Projektplanungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH), am 8. November 2002 in Hannover gehalten hat. 

Nach einem kurzen orientierenden Überblick über das Passivhauskonzept erläuterte Torsten Schwarz detailliert die Möglichkeiten, dieses Konzept auch auf den Wohnungsbestand zu übertragen.

Eigentümer von Einfamilienhäusern schätzen die hohe Gebäudequalität von Passivhäusern und partizipieren an niedrigen Verbrauchskosten. Der Wohnungsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland wird jedoch bestimmt vom Mietwohnungsbau. Und die Bauaufgaben der nächsten Jahre werden in der Sanierung des Bestandes erfolgen. Die Einspareffekte von Investitionen in Gebäudehülle und Anlagentechnik realisiert dabei bislang jedoch nicht der Investor, sondern der Mieter. Die Umsetzung von Passivhauskonzepten in der breiten Masse hängt entscheidend von den zu kapitalisierenden Effizienzpotentialen ab. Sobald diese von den Immobilieneigentümern realisiert werden können, steigt die Motivation des Investors, in qualitätsvollere Gebäudestandards zu investieren.

Mit dem Projekt "Edwin-Oppler-Weg 3" in Hannover zeigte Torsten Schwarz anhand der Modernisierung eines Bestandsgebäudes mit acht Wohneinheiten das Modell auf, dem Investor die passivhausbedingten Mehrkosten zu refinanzieren. Für das gründerzeitliche Mehrfamilienhaus im Sanierungsgebiet Nordstadt der Region Hannover, teilweise wiederaufgebaut 1946, wurde ein Abriss mit einem Neubau an gleicher Stelle favorisiert. Die alternative Prüfung einer energetischen Sanierung der bestehenden Bausubstanz ergab eine wirtschaftliche Umsetzung als Passivhauskonzept.

Das architektonische Konzept ergab eine weitreichende Umplanung des Gebäudes. Im wesentlichen wird durch drei Komponenten das Passivhauskonzept erreicht:

  1. Eine Neugestaltung der Wohnungsgrundrisse mit Nord-/Südausrichtung
  2. Einer eigenständigen Fassadenkonstruktion ("warmer Mantel")
    • Die Südfassade konnte neu gestaltet werden ohne Rücksicht auf die vorhandene Mauerwerkskonstruktion.
    • Das A/V-Verhältnis konnte verbessert werden.
    • Zusätzlicher Raumgewinn zur Süd- und Ostseite.
    • Fensteranschlüsse passivhaustauglich an neuer Fassadenkonstruktion.
  3. Einer neuen Dachkonstruktion
    • Erweiterung der Dachgauben zum Verzicht auf Dachflächenfenster.
    • Gedämmte zusätzliche Sandwichkonstruktion auf vorhandenen Dachstuhl.
    • Ausbau des Spitzbodens zur Wohnraumgewinnung.

Die für Passivhäuser schwierige Einzelraumregelung unterstützt die Anpassung der Wohnungsgrundrisse an nachfragegerechte Standards: Große Räume für variable Nutzung ("Loft"). Kleinteilige Raumteilungen sind ohne größeren Aufwand jederzeit kostengünstig durch die Mieter umsetzbar.

Durch die vorgestellte neue Fassade und die Einbeziehung des Treppenhauses in die gedämmte Gebäudehülle konnte die Wärmebrückenproblematik der Grundmauern aufgefangen werden. Die Technikräume sind geschossweise organisiert und vom Treppenhaus zugänglich, was die Wartung der Anlagen mieterunabhängig zulässt. Die Dämmung der Erdgeschosswohnung im Passivhauskonzept wurde durch die ausreichend vorhandenen Raumhöhen möglich.

Durch konsequente Anwendung der Wärmebrückenminimierung, Vorfertigung und Bauqualitätssteigerung kann die wirtschaftliche Bestandsmodernisierung zum Passivhauskonzept erreicht werden.

Ein wichtiger Aspekt im Gesamtenergiehaushalt ist die Bereitstellung von Warmwasser. Im Projekt "Edwin-Oppler-Weg 3" soll hierzu Erdenergie genutzt werden. Hierzu wird das zu erwärmende Wasser ins Erdreich gepumpt. Die bei einer Tiefe von 100 Metern mindestens vorhandenen 8 - 10 °C erwärmen das Wasser, das dann mittels einer Wärmepumpe auf die erforderliche Temperatur von 12 - 20 °C aufgewärmt werden kann.

Als Energieträger für die ggf. erforderliche Restheizung standen im vorliegenden Fall Gas und Strom zur Auswahl. Die Wahl viel auf eine Stromversorgung, da ein zusätzlicher Gasanschluss den entscheidenden (Kosten-)Nachteil hat, dass (unabhängig von der Nutzung) auf jeden Fall die Kosten für einen Gaszähler entstehen. Außerdem würde beim Vorhalten einer "normalen Gasheizung" ständig warmes Wasser durch das Gebäude fließen.

Eine Möglichkeit die Effizienzpotentiale zu kapitalisieren und damit für den Investor nutzbar zu machen liegt in den (Miet-)Verträgen. Im bekannten Mietvertrag für die Wohneinheit ist die "Kaltmiete" fixiert. Auf der Grundlage der Kaltmiete werden zurzeit die ‚Mietspiegel’ für Vergleichsmieten aufgestellt. Die Energiekosten werden hier nicht erfasst und getrennt von der Miete über das EVU (oder Andere) ermittelt und abgerechnet. Im Rahmen des Projektes werden zur ‚Kaltmiete’ in einem gesonderten Vertrag zusätzlich die ‚passive Energie’ der entfallenden Heizkosten über die Wohnfläche berechnet. Die vormals an das EVU geleisteten Heizkosten werden an den Investor zur Refinanzierung seiner passivhausbedingten Mehrinvestitionen abgeführt.

Im vorgestellten Projekt liegen die Warmmieten im sozialen Wohnungsbau (mit Wohnberechtigungsschein) bei 4,90 €/m² (zzgl. 1 €/m² Heizung) und bei 6,50 €/m² für freivermietete Wohnungen. Das Modell ist für alle Seiten interessant: Der Mieter hat eine langfristig kalkulierbare Gesamtmiete inklusive Wohnraumwärme bei höchstem Wohnkomfort. Für den Eigentümer bedeutet dies eine Minimierung der Mietausfallrisiken. Der Investor bekommt seine Investitionen zum Passivhaus rentierlich refinanziert. Damit einher erhöht er den Wert seiner Immobilie. Mietervereine begrüßen das Modell, da Streitigkeiten über die Nebenkosten entfallen. Bestandsimmobilien in meist guten innerstädtischen Lagen mit funktionierenden Nachbarschaften können wirtschaftlich auf höchste Gebäudestandards modernisiert werden.

Der Ansatz "Zweite Miete" hat sehr hohe CO2-Minimierungseffekte, wenn Modernisierungen im Bestand durchgeführt werden. Arbeitsplatzeffekte der Bauwirtschaft können ebenfalls als hoch eingeschätzt werden. Innerstädtische Lagen werden gegenüber der "grünen Wiese" gestärkt, wodurch die Auslastung kommunaler Infrastrukturen eine besondere Wirtschaftlichkeit erfährt.

Aus der Umsetzung des Passivhauskonzeptes im Bestand ergeben sich mehrere Forderungen:

 

Abschließend kann festgehalten werden, das es der Regionalgruppe wieder gelungen ist, ein für die Region interessantes Thema aufzubereiten und die Herbstvorträge der IfR-Regionalgruppe Braunschweig/Hannover mittlerweile zu einer festen Größe in der Region geworden sind.

 

 , IfR
(Regionalgruppensprecher)

 

Interessante Links:

 

e-mail   f.schroeter@tu-bs.de