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(Rechtshinweis) Stand: 15.09.2015

Salzgitter
- Innenstadtentwicklung -
Exkursionsbericht der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover)
von
Dr. Frank Schröter

 

Die Exkursion fand im Rahmen der Treffen der IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover) statt. In der wärmeren Jahreszeit wird das Regionalgruppentreffen durch eine Exkursion (mit Führung) zu einem planerischen Thema eingeleitet.

 

Am Freitag, dem 11. September 2015 traf sich die IfR-Regionalgruppe Niedersachsen (Braunschweig/Hannover) in Salzgitter (vgl. Abb. 1), um sich über die Innenstadtentwicklung in Salzgitter zu informieren. Die Regionalgruppe hatte sich bereits bei der IfR-Radtour 2009 (Salzgitter - mehr als nur Stahl) kurz mit der Innenstadt von Salzgitter beschäftigt und war daher neugierig auf die Entwicklung in den vergangenen sechs Jahren. Herr Bernd Wiesner, IfR vom FG - Stadtplanung der Stadt Salzgitter, war wieder so freundlich uns zu führen.

 

Abb. 1:    Mitglieder der IfR-Regionalgruppe vor dem Rathaus Salzgitter

Um die aktuelle Situation in der Innenstadt Salzgitters verstehen zu können, ist ein Blick in die Vergangenheit hilfreich. Salzgitter ist eine junge Stadt, die zusammen mit dem Aufbau des Stahlwerkes ab ca. 1937 geplant und entwickelt wurde. 1942 wurde die Stadt Salzgitter aus sieben Ortschaften gegründet. Ziel der Stadtentwicklung waren die Planungen für die Herman-Göring-Stadt, die eine großflächige Wohnbebauung vorsah (vgl. Abb. 2). Die ursprünglichen Planungen sahen vor, im Bereich des heutigen Stadtteils Salzgitter-Lebenstedt eine Stadt für ca. 200.000 Einwohner zu errichten (die Gesamtstadt sollte für ca. 250.000 Einwohner sein). Bereits während des zweiten Weltkriegs wurde mit der Umsetzung dieser Planungen begonnen. Dabei wurden bis 1945 mehrere Wohnquartiere gebaut.

Von der geplanten Bebauung wurde bis 1945 der östliche Bereich in Teilen realisiert. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte nur teilweise eine Abkehr von diesem Konzept. Insbesondere zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum wurde zumindest an dem städtebaulichen Grundkonzept festgehalten. Allerdings waren bis in die 50er Jahre weder öffentlichen Gebäude und Einrichtungen noch ein Einkaufs- und Geschäftsbereich realisiert worden. Es fehlte der zentrale Innenstadtbereich. In der Nachkriegszeit erfolgte die Versorgung der Bevölkerung zunächst durch provisorische Baracken in Bahnhofsnähe. Vor diesem Hintergrund wurde die Innenstadt von Salzgitter-Lebenstedt dann in den 50er/60er Jahren entwickelt. Die deutliche Abgrenzung von den städtebaulichen Ideen aus der Zeit des Nationalsozialismus, die stärkere Orientierung der Planung auf das Auto und der Wunsch, eine moderne Innenstadt zu errichten, prägten die erste Phase der baulichen Entwicklung. Der erste Preis eines ausgeschriebenen städtebaulichen Wettbewerbs sah eine Auflösung der Blockstrukturen vor und eine (große, breite) Straße als belebendes Element (vgl. Abb. 3). Diese Planung wurde realisiert.

   

Abb. 2:    Planungen zur Herman-Göring-Stadt                                                                                                                               Abb.3 Planungen für die Innenstadt

In Abb. 4 kann man gut erkennen, welche Teile der Ursprungsplanung realisiert wurden.

 

Abb. 4:    Vergleich zwischen Ursprungsplanung und Ist-Siituation

In den vergangenen Jahren/Jahrzehnten wurde immer deutlicher, dass die (große, breite) Straße kein belebendes, sondern eher ein trennendes Element ist. Daher und weil die Straße in diesem Ausbaustandard nicht erforderlich ist, hat sich die Stadt Salzgitter entschlossen, dieses Relikt des städtebaulichen Leitbildes "autogerechte Stadt" zurückzubauen. Die vierspurige Albert-Schweizer-Straße wird derzeit zur zweispurigen Straße zurück gebaut (vgl. Abb. 5 und 6).

    

Abb. 5:    Umbau der Albert-Schweizer-Straße                                                                                                Abb. 6: Blick auf einen bereits fertiggestellten Abschnitt der Albert-Scheizer-Straße

Da die beiden Fahrtrichtung auch durch einen Grünstreifen getrennt waren, führt der Rückbau zu einem enormen Gewinn an freien Flächen. Hierbei wird jedoch die Albert-Scheizer-Straße nicht in die Mitte der früheren Streckenführung gelegt, sondern bleibt im Nordosten unverändert, während der Flächengewinn einseitig im Südwesten realisiert wird. Hierdurch stehen Flächen für Radverkehr und Aufenthaltsbereiche zur Verfügung (vgl. Abb. 7). Trotzdem verbleiben große Flächen, für die es derzeit noch kein Nutzungskonzept gibt.

  

Abb. 7:    Flächengewinn durch Straßenrückbau                                                                                                 Abb. 8: Breite Flächen für Fußgänger

Insgesamt verbesserungswürdig erscheint die Zugangssituation zur innerstädtischen Einkaufsstraße und Fußgängerzone. Alte Querungsanlagen und Zugangssituationen sind noch nicht aufeinander abgestimmt (vgl. Abb. 9). Der Zugang erscheint eher versteckt, denn einladend. Traditionell hat sich die Einkaufsstraße eher von der Albert-Schweizer-Straße abgewand. Auch die Zugänge wurden als Lieferzonen und Parkplätze genutzt (vgl. Abb. 10). Eine Umgestaltung und Öffnung dieser Bereiche zur nun städtebaulich verträglicheren Albert-Schweizer-Straße und den anliegenden Nutzungen scheint möglich.

    

Abb. 9:    Zugang zur Fußgängerzone                                                                                                                   Abb. 10: Erschließungsbereich der Fußgängerzone

Im Rahmen einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme wurden in den 80er Jahren erste Veränderungen an der Gestaltung des Innenstadtbereichs vorgenommen. Dies betraf vor allem den öffentlichen Raum.

Aufgrund steigender Leerstände sowie städtebaulicher Probleme ist in den letzten Jahren die Innenstadt, insbesondere der Bereich der Fußgängerzone, wieder in den Fokus der Stadtentwicklung gerückt. Mit der Neuaufstellung eines Bebauungsplans für die gesamte Fußgängerzone im Jahr 2013 sind die Voraussetzungen für neue Entwicklungen geschaffen worden.

In der Fußgängerzone konnten wir uns dann von der einsetzenden Modernisierung, Umgestaltung und Anpassung an zeitgemäße Anforderungen überzeugen. Ein Beispiel ist in den Abb. 11 und 12 dargestellt. Durch diesen Umbau und Neubau wird die traditionelle Abfolge von kleinen Plätzen in der Fußgängerzone unterbrochen. Ein Teil der Planung (untere Abbildung in Abb. 11) ist bereits als Platzrandbebauung umgesetzt. Der restliche Gebäudekomplex (links der Rotunde) entsteht auf dem benachbarten Platz. Hierzu werden bestehende Gebäude abgerissen und der Platz überbaut. In der Folge entstehen große, zusammenhängende Verkaufsflächen, die den aktuellen Anforderungen besser entsprechen, als die Vielzahl kleiner Verkaufsflächen.

  

Abb. 11:    Umbau- und Erweiterungsplanung                                                             Abb. 12: Platzüberbauung

Die parallel zur Fußgängerzone verlaufende Chemnitzer Straße wurde (schon vor einigen Jahren) in einen verkehrsberuhigten Bereich umgewandelt, der durchaus die Qualitäten einer Fußgängerzone aufweist (vgl. Abb. 13). Die Nutzungsfrequenz und Attraktivität der Nutzungen bleibt jedoch hinter der Haupteinkaufsstraße zurück. Auch lässt die Zugangssituation, mit einem Parkplatz (vgl. Abb. 14), nicht unbedingt auf den dahinterliegenden verkehrsberuhigten Bereich (Fußgängerzone) schließen..

   

Abb. 13:    Chemnitzer Straße als paralleler Fußgängerbereich                                                                               Abb. 14:    Eingangssituation der Chemnitzer Straße

Zwischen der Haupteinkaufsstraße und der Chemnitzer Straße bestehen zwar einige Verbindungen, jedoch besteht auch hier noch Verbesserungsbedarf (vgl. Abb. 15)

 

Abb. 15:    Zugang von der Chemnitzer Straße zur Fußgängerzone

Parallel zur Chemnitzer Straße schließt sich dann eins der von der ursprünglichen Planung zur Herman-Göring-Stadt realisierten Wohngebiete an. Diese Gebäudestruktur im Gartenstadtcharakter mit großzügigen Freiflächen bietet eine hohe Wohnqualität (vgl. Abb. 16 und 17). Hierbei wurde auch an eine kleinteilige Versorgungsstruktur gedacht, die Möglichkeiten für eine Nahversorgung bietet.

    

Abb. 16:    An die Innenstadt angrenzende Wohnbebauung                                                                             Abb. 17: Straßenraum mit kleinen Ladeneinheiten

Die Gebäude wurden teilweise bereits neuen Anforderungen angepasst und mit Balkonen und Solaranlagen nachgerüstet (vgl. Abb. 18).

Abb. 18:    Modernisierung der angrenzenden Wonbebauung, mit Solaranlagen

Der Ausklang der gelungenen Exkursion fand dann in der Innenstadt in der Gaststätte "Hacienda" statt. Bei der Nachbesprechung wurde deutlich, dass sich die Innenstadt von Salzgiitter derzeit im Umbruch befindet. Tendenzen und erste Maßnahmen zur Modernisierung, Umgestaltung und Anpassung an zeitgemäße Anforderungen sind deutlich erkennbar. Vor diesem Hintergrund waren wir uns schnell einig, dass wir in einigen Jahren erneut eine Exkursion nach Salzgitter machen und uns die dann abgeschlossenen Arbeiten ansehen wollen.

 

Anmerkung:
Alle Fotos: Dr. Frank Schröter

Frank Schröter
IfR-Regionalgruppe
Niedersachsen (Braunschweig/Hannover)

 

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